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Die Forschungstätigkeiten auf dem Gebiet der Kinderchirurgie sind verglichen mit anderen Disziplinen schon immer relativ jung gewesen. Und doch hat sich in den letzten 30 Jahren enorm viel im Wissen um kinderchirurgische Erkrankungen und deren operative Behandlung und Techniken getan. 

Wir am UK Essen wollen das Voranschreiten dieser Forschung für das Wohl unserer kleinen Patienten fördern. Parallel zur operativen Arbeit forschen unsere verschiedenen Arbeitsgruppen an Krankheitsbildern, die bei Kindern eine deutliche Reduzierung der Lebensqualität, wenn nicht sogar der Lebensdauer bedeuten. 

Mit unserer Forschung wollen wir ein Beitrag für die Optimierung der Behandlung unserer erkrankten Patienten leisten. Im Folgenden sehen Sie einen Überblick über unsere wissenschaftlichen Arbeitsgruppen:

Die Gallengangatresie ist gekennzeichnet durch eine Verstopfung oder Nichtanlage der Gallengänge. Sie tritt nach Geburt auf und ist die häufigste Ursache für einen Gallestau (Cholestase) beim Neugeborenen. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung, die 1 von 18.000 Lebendgeburten in Europa betrifft. Die Diagnose wird vermutet, wenn bei der Geburt eine Gelbsucht (Ikterus) auftritt, wenn sich der Stuhl entfärbt (hellgelb, grau) und bei Vergrößerung der Leber (Hepatomegalie).

Wenn eine Gallengangatresie nicht behandelt wird, entwickelt sie sich in wenigen Monaten zu einer „biliären Leberzirrhose“ (Lebervernarbung mit schwerer Funktionsstörung) und führt in den ersten Lebensjahren zum Tod des Kindes.

Da es keine medikamentöse Behandlung für die Gallengangatresie gibt, ist eine Kasai-Operation indiziert, welche den vorläufigen Galleabfluss in den Darm wiederherstellen kann. Wenn trotz dieser Operation die Leberzirrhose voranschreitet, ist eine Lebertransplantation auch bereits im frühen Kindesalter notwendig. Bis zum vollendeten 18. Lebensjahr wird diese bei ca. 80% aller Patienten notwendig werden.

Als Zentrum für Gallengangatresien erforscht unsere Arbeitsgruppe am UK Essen unter anderem, wann genau der optimale Zeitpunkt für eine Lebertransplantation ist und welche Marker das Management und die Prognose bis zur Operation verbessern können. Dies geschieht in Kooperation mit dem europäischen Netzwerk für seltene Lebererkrankungen (ERN rare liver – European Reference Network on Rare Hepatological Diseases).

Ansprechpartner:

Dr. med. univ.
J. Sabo

Stellvertretende Leitung
Oberarzt
Facharzt für Kinderchirurgie

Prof. Dr. med.
E. Lainka

Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
Kindergastroenterologin
Transplantationsmedizinerin

Der Ernährungszustand ist ein wichtiger Faktor für die gesunde Entwicklung von Kindern. Unterschiedliche Referenzwerte für die Gewichtsentwicklung oder das Längenwachstum werden tagtäglich als objektive Beurteilungswerte von Kinderärzten zur Einschätzung der Entwicklung von Kindern genutzt. Im Rahmen von chronischen Erkrankungen wie z.B. Tumorerkrankungen, Leber-, Nieren- oder Darmerkrankungen sind diese Referenzwerte teilweise jedoch nur bedingt aussagekräftig. 

Kinder mit bösartigen Tumorerkrankungen sind oft mangelernährt, wodurch die Heilung und Erholung nach einer etwaig anstehenden Operation, bzw. die Bekämpfung des Tumors durch den Körper, insgesamt negativ beeinflusst wird. Diese Mangelernährung ist zum Teil auf die intensive Chemotherapie und ggf. Bestrahlung zurückzuführen, die sich die Kinder im Rahmen ihrer Therapie unterziehen müssen. Darüber hinaus zerrt der Tumor am Körper und laugt ihn aus. Die Kinder haben oft keinen Appetit und verlieren weiter an Substanz.

Das Ausmaß der Mangelernährung kann bei diesen Kindern mit den klassischen Entwicklungsparametern wie dem Körpergewicht nur unzureichend dargestellt werden, da dieses durch z.B. Wassereinlagerungen oder die Tumormasse möglicherweise falsch im altersentsprechenden Normalbereich liegt. Vor allem bei Kleinkindern ist die Tumormasse prozentual relevanter und Tumoren können einen beträchtlichen Anteil des Gesamtgewichts erreichen.  Daher scheinen Kinder trotz substantieller Mangelernährung, wenn man sie auf die Waage stellt, normalgewichtig.

Ähnliches gilt für Kinder mit chronischer und endständiger Lebererkrankung, bei denen es durch die veränderten Blutflussverhältnisse im Bereich der Leber zu ausgeprägten Wassereinlagerungen in der Bauchhöhle aber auch dem sonstigen Gewebe kommen kann. Diese Flüssigkeit kann auch hier insbesondere bei Kleinkindern einen relevanten Anteil des Gesamtgewichts ausmachen, und auf der Waage somit ein falscher Eindruck entstehen.

Durch eigene Forschungsarbeiten und klinische Erfahrungen sowie internationale Forschungsergebnisse bei Kindern und Erwachsenen gibt es neu die Möglichkeit spezielle Muskeln oder die gesamte Muskelmasse zu vermessen, welche unabhängig von den Störfaktoren wie z.B. Tumormasse und Flüssigkeitsansammlungen sind. Hier hat sich insbesondere der Psoas-Muskel, ein Muskel der im unteren Bereich der Wirbelsäule und des Beckens ansetzt, bewährt, den man in Querschnittsbildern aus CT- oder MRT-Aufnahmen messen kann. Diese Messwerte können anschließend wie die klassischen Wachstumswerte, mit Alters- und geschlechtsspezifische Referenzwerten verglichen und somit objektiv beurteilt werden. 

Den damit ggf. ersichtlichen Muskelschwund bezeichnet man ab einer Abweichung von mehr als 2 Standarddeviationen von dem alters- und geschlechtsspezifischen Mittelwert, krankhaft als Sarkopenie.

Sarkopenie ist ein aus dem griechischen zusammengesetzter Begriff und bedeutet Muskel (sarx) schwund (penia).

Die Relevanz dieser Sarkopenie untersuchen wir in unterschiedlichen Situationen und insbesondere bei Kindern mit Leber oder anderen soliden Tumoren im Bauchraum, chronischen Lebererkrankungen und vor und nach Lebertransplantation. Dabei messen wir die totale Psoasmuskelfläche auf der definierten lumbalen Ebene zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel in CT und MRT Bildern, die im Rahmen wichtiger Beurteilungen durchgeführt werden. Das heißt wir nutzen die vorliegenden Bilder, um den objektiven Marker der Muskelmasse zu bestimmen und führen keine ergänzenden oder zusätzlichen Untersuchungen durch.

Mit dieser Methode konnten wir in unserer Forschungsgruppe zeigen, dass Kinder mit soliden Tumoren (Hepatoblastom und Neuroblastom), und Kinder vor und nach Lebertransplantation bei Sarkopenie einem höheren Risiko für Komplikationen ausgesetzt scheinen. Zusätzlich scheint die Fläche des Psoas-Muskels (tPMA) ein objektiver Biomarker für den Ernährungszustand von Kindern zu sein. Somit empfehlen wir diese Messung bei verfügbaren Querschnittsbildern aus CT oder MRT Untersuchungen mitzuerfassen, und somit ein objektives Tool zur Einschätzung der Prognose und möglicherweise auch Einsatz von Therapiemaßnahmen nutzen zu können.

Aus unserer Sicht ergeben diese Erkenntnisse Sinn, da Kinder mit Krebserkrankungen auf Grund der Diskrepanz von Energieaufnahme und -verbrauch eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen anhaltenden Verlust an Skelettmuskelmasse haben. Darüber hinaus tragen die Auswirkungen der Chemotherapie, hormonelle Veränderungen, chronische Entzündungen und Multiorgandysfunktionen zu einem Verlust der Skelettmuskelmasse bei.

Die tPMA stellt somit einen objektiven Biomarker dar, mit dem es möglich ist, einen krankhaften Ernährungszustand oder Muskelschwund, als Risiko für Komplikationen, als Sarkopenie bei Kindern zu definieren.

Ansprechpartner:

cand.med.
Annika Ritz

Dr.med.
Eberhard Lurz

Das Immunsystem eines jeden Menschen, und das gilt auch für Kinder, kann in besonderer Weise gegen Krebszellen ankämpfen. Da im menschlichen Organismus tagtäglich Zellen entarten, kommt es auf ganz natürliche Weise durch das Immunsystem ständig zu einer Abwehr und Eliminierung dieser bösartigen Zellen. Dies hat die Natur über Millionen von Jahren so eingerichtet, und ohne diese Wächterfunktion unseres Immunsystems wäre ein Leben, wie wir es kennen, nicht möglich.

Diese Prozesse der Immunabwehr finden im Hintergrund andauernd und ständig statt, merken tun wir Menschen davon meist wenig bzw. gar nichts. Leider aber können einige Tumorzellen sich dieser gezielten Immunabwehr widersetzen, aus den verschiedensten Gründen. Zum Beispiel können sich einige der Zellen so geschickt tarnen, dass sie vom Immunsystem nicht erkannt werden. Dies spielt gerade bei Kindern eine entscheidende Rolle, deren Tumore sich in ihrer Biologie oft ganz erheblich von Tumoren im Erwachsenenalter unterscheiden, weil sie oft bereits bei der Geburt in der genetischen Veranlagung verwebt waren. 

In unserer Arbeitsgruppe zur Experimentelle Grundlagenforschung beschäftigen wir uns mit den therapeutischen Möglichkeiten an der Schnittstelle zwischen dem menschlichen Immunsystem und bösartigen Tumoren bei Kindern. Wir erforschen, ob wir Marker auf diesen Tumoren  finden, die für die jeweiligen Tumore charakteristisch sind und über die man die Zellen therapeutisch angreifen kann, zum Beispiel direkt über neuartige Medikamente oder indirekt, indem man das Immunsystem so aktiviert, dass die natürlicherweise hierfür vorhandenen Immunzellen Tumorzellen besser angreifen können. 

Unsere Projekte fokussieren auf eine Vielzahl von verschiedenen Tumoren bei Kindern und sind in nationale und internationale Kooperationen eingeflochten. 

Ansprechpartner:

Univ.Prof. Dr.med.
M. Berger

Direktor der Klinik für Kinderchirurgie

Zusammenfassend handelt es sich bei der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase (PFIC) mit ihren Subtypen um ein heterogenes Krankheitsbild, welches durch die Symptome Juckreiz, wiederkehrende Gelbsucht und verschiedene Lebersynthese- und Lebergewebsschädigungen gekennzeichnet ist. Die Diagnose kann klinisch gestellt und mittels genetischer Untersuchungen bestätigt werden, wobei die letztere nicht immer aussagekräftig ist.
Man unterscheidet drei Formen der PFIC, wobei bei den Typen 1 und 3 eine
Störung des Gallenkreislaufs bzw. Gallensäurerückresorption vorliegt, beim Typ 2 eine primäre Störung der Gallensäuresekretion.
Wir konnten zeigen, dass nur diejenigen Patienten von einer sog. biliären Diversions-OP profitierten, die nach erfolgter Operation einen signifikanten Abfall der Gallensäuren und Triglyzeride im Blutserum aufwiesen, da diese einen vergleichbaren Regulationsmechanismus haben.
Dies war hauptsächlich bei Patienten mit einer PFIC Typ 1 der Fall, was wiederum durch den Pathomechanismus zu erklären ist, da durch die biliäre Diversion weniger Gallensäuren rückresorbiert werden müssen.
Bei PFIC Typ 3 Patienten wurde keine Indikation zur biliären Diversion gestellt.
Eine Lebertransplantation konnte nur in einzelnen Fällen vermieden oder deutlich hinausgezögert werden, in denen der oben beschriebene postoperative Abfall der Gallensäuren zu registrieren war.
Ungeklärt bleibt, warum es zu Unterschieden zwischen PFIC Typ 1 und Typ 2 in unserem Patientenkollektiv gab.

Ansprechpartner: